Parteifähigkeit einer Kommanditgesellschaft im Zwangsvollstreckungsverfahren: Das Zusammenspiel von formeller Eintragung und materieller ExistenzLeitsatz Zur Prüfung der Parteifähigkeit der Gläubigerin in einem Klauselverfahren. - A.
Problemstellung Der Beschluss des BGH klärt eine zentrale Frage des Zwangsvollstreckungsrechts: Wie ist die Parteifähigkeit einer Kommanditgesellschaft im Klauselerteilungsverfahren zu bewerten, wenn Zweifel an ihrer Fortexistenz bestehen? Kernpunkt ist die Abgrenzung zwischen der formellen Prüfung im Klauselerteilungsverfahren und der Klärung solcher Zweifel in einem separaten Verfahren, nämlich der Vollstreckungsabwehrklage. Der BGH entschied, dass die Parteifähigkeit allein anhand der aktuellen Eintragung im Handelsregister zu beurteilen ist. Materielle Einwendungen, wie etwa das Erlöschen der Gesellschaft nach dem Tod eines Kommanditisten, sind nicht im Klauselerteilungsverfahren, sondern ausschließlich im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage zu prüfen. Der Entscheidung zugrunde lag eine Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde, in der der Schuldner eine Bürgschaft übernommen hatte. Die Gläubigerin, eine GmbH & Co. KG, beantragte die Erteilung einer Vollstreckungsklausel. Der Schuldner erhob dagegen Einwände, da die Gläubigerin nach dem Tod eines Kommanditisten angeblich erloschen und somit nicht parteifähig sei. Das AG Charlottenburg erklärte die Vollstreckung zunächst für unzulässig, das LG Berlin II hob diesen Beschluss auf. Der BGH bestätigt die Entscheidung des Landgerichtes und stellt darauf ab, dass eine formelle Prüfung anhand des Handelsregisters ausreicht. Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen der Prüfung im Klauselerteilungsverfahren und die Zuweisung materieller Streitfragen in die Vollstreckungsabwehrklage.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Im konkreten Fall hatte der Schuldner eine Klauselerinnerung gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde, in der er eine Bürgschaft i.H.v. 3 Mio. Euro übernommen hatte, eingelegt. Er begründete diese damit, dass die Gläubigerin nach dem Tod eines Kommanditisten nicht mehr existent sei. Das AG Charlottenburg erklärte die Vollstreckung für unzulässig, da die Existenz der Gläubigerin nicht nachgewiesen sei und das Handelsregister nach dem Tod eines Kommanditisten – der zwischen den Parteien unstreitig ist – unrichtig sei (AG Charlottenburg, Beschl. v. 05.10.2023 - 70 II 47/23). Das LG Berlin II hob diesen Beschluss auf und betonte, dass die Parteifähigkeit allein anhand der formellen Eintragung zu prüfen sei (LG Berlin II, Beschl. v. 17.05.2024 - 6 T 1/24). Der BGH bestätigte diese Sichtweise und stellte fest, dass die Parteifähigkeit einer Kommanditgesellschaft ausschließlich anhand ihrer Eintragung im Handelsregister zu beurteilen ist. Solange die Gesellschaft dort eingetragen ist, gilt sie als parteifähig (§ 50 ZPO). Materielle Einwendungen, etwa ob die Gesellschaft nach dem Tod eines Kommanditisten liquidationslos vollbeendet wäre und damit erloschen ist, sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Stattdessen müssen solche Einwände in einer Vollstreckungsabwehrklage geklärt werden, in der geprüft werden kann, ob die Gläubigerin noch Inhaberin der titulierten Forderung ist. Die vorinstanzlichen Entscheidungen zeigen zudem drei weitere Verfahren: erstens ein Vorverfahren, in dem das LG Berlin den Notar anwies, die Vollstreckungsklausel zu erteilen, nachdem dieser die Existenz der Gläubigerin angezweifelt hatte (LG Berlin, Beschl. v. 13.07.2023 - 84 T 274/22). Zweitens: einen Prozess am Landgericht zwischen der Komplementärin und den verbleibenden Kommanditisten. In diesem geht es um die Auflösung der Gesellschaft und die Wirksamkeit von Gesellschaftsverträgen, bei deren Gültigkeit die Kommanditistin die einzige verbleibende Gesellschafterin wäre und damit die Gesellschaft liquidationslos vollbeendet wäre. Bei dem dritten Verfahren handelt es sich um die Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners. Der BGH klärte zudem die Bestimmtheit des Titels, denn der Schuldner hatte eine Unklarheit zwischen Euro und US-Dollar beanstandet, da die Urkunde eine Darlehensforderung von 3 Mio. US-Dollar nannte, die Bürgschaft jedoch auf 3 Mio. Euro lautete. Der BGH entschied, dass die Unterwerfungserklärung auf 3 Mio. Euro eindeutig ist und das Bestimmtheitsgebot erfüllt, da das Vollstreckungsorgan sich an der klaren Unterwerfungserklärung zu orientieren hat.
- C.
Kontext der Entscheidung Die Entscheidung des BGH fügt sich in die ständige Rechtsprechung zur Parteifähigkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren ein. Im Klauselerteilungsverfahren ist nur eine formelle Prüfung erforderlich, die sich auf die Existenz eines wirksamen Titels und die korrekte Bezeichnung der Parteien beschränkt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2024 - VII ZB 30/23; BGH, Beschl. v. 16.04.2009 - VII ZB 62/08; vgl. auch Schmidberger, jurisPR-InsR 3/2025 Anm. 3). Materielle Einwendungen sind ausschließlich und allein im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage zu erheben (vgl. BGH, Beschl. v. 17.01.2024 - VII ZB 54/21). Im gesellschaftsrechtlichen Kontext knüpft der BGH an die Grundsätze zur Parteifähigkeit von Kommanditgesellschaften an (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB). Eine liquidationslose Vollbeendigung setzt voraus, dass sich alle Gesellschaftsanteile in einer Person vereinen (vgl. BGH, Urt. v. 01.06.2017 - VII ZR 277/15). Diese Rechtsprechung entspricht seit dem 01.01.2024 auch der gesetzlichen Regelung (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB und § 712a BGB). Ob dies gerade im vorliegenden Fall gegeben war, ist Gegenstand der noch nicht rechtskräftigen Auseinandersetzung zwischen der Komplementärin und der verbliebenen Kommanditistin und auch der anhängigen Vollstreckungsabwehrklage. Der BGH hat diese Auseinandersetzungen zu Recht ausgeblendet. Der BGH betont, dass die Parteifähigkeit der Gläubigerin zwar von Amts wegen zu prüfen ist, diese Prüfung im Klauselerteilungsverfahren jedoch auf Fälle beschränkt bleibt, in denen der Einwand des Schuldners evident ist. Der Tod des Kommanditisten war zwar zwischen den Parteien unstreitig, jedoch war dieser nicht im Handelsregister eingetragen, so dass dieser Umstand und seine etwaigen Rechtsfolgen für einen Dritten nicht offenkundig waren. Der BGH verortet seine Entscheidung auch im Verhältnis zu anderen Konstellationen, wie der Prozessfähigkeit von Erbengemeinschaften (vgl. BGH, Urt. v. 01.06.2017 - VII ZR 277/15) oder der Vertretung nicht prozessfähiger Personen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.09.20231 - I ZB 20/21; hierzu: Schmidt, JuS 2022, 549). In diesen Fällen wurde ebenfalls betont, dass formelle Prüfungen im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht durch materielle Streitigkeiten überlagert werden dürfen. Zudem stützt sich der Beschluss auf frühere Entscheidungen, die die formelle Prüfung im Klauselerinnerungsverfahren betonen bzw. den Prüfungsumfang im Erinnerungsverfahren einschränken (BGH, Beschl. v. 18.12.2024 - VII ZB 30/23 Rn. 16; BGH, Beschl. v. 16.04.2009 - VII ZB 62/08 Rn. 12 ff.). Diese Entscheidungen untermauern die klare Abgrenzung zwischen formellen und materiellen Fragen.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechtssicherheit im Klauselerteilungsverfahren. Gläubiger können sich darauf verlassen, dass die Eintragung im Handelsregister die Parteifähigkeit einer Kommanditgesellschaft begründet, ohne dass materielle Einwendungen die Klauselerteilung verzögern. Dies erleichtert die Durchsetzung von Ansprüchen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass das Klauselerteilungsverfahren nicht als Forum für materiell-rechtliche Auseinandersetzungen dient, sondern auf Effizienz und Formalität ausgelegt ist. Als Faustformel für den Prüfungsumfang im Klauselerinnerungsverfahren lässt sich festhalten, dass hier nur das in dem Umfang überprüft wird, was ursprünglich für die Erteilung der Klausel erforderlich war. Für Schuldner bedeutet dies – richtigerweise – eine Verschiebung von materiellen Einwendungen in die Vollstreckungsabwehrklage, da nur hier ein Erkenntnisverfahren gewährleistet ist. Wer die Fortexistenz einer Gläubigerin bestreitet, muss dies aktiv geltend machen und trägt die Beweislast. Gläubiger sollten die Korrektheit der Handelsregistereinträge sicherstellen, um Probleme zu vermeiden – ein Aspekt, den sie oft selbst beeinflussen können. Im vorliegenden Falle hatte die Gläubigerin jedoch „Glück“, da sie wohl nur knapp einem Konflikt mit ihrer prozessualen Wahrheitspflicht entgangen ist. Hintergrund ist, dass in einem der oben erwähnten weiteren Verfahren die Komplementärin bereits – jedoch nicht rechtskräftig – dazu verurteilt war, entsprechende Erklärungen zum Handelsregister betreffend die Auflösung der Gesellschaft abzugeben. Gegen diese Entscheidung hatte – vermutlich – die Komplementärin Berufung eingelegt. Wären die Erklärungen jedoch abgegeben worden, hätte eine Eintragung im Handelsregister die Nichtexistenz der Gläubigerin evident gemacht, was zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Für Schuldner gilt die Entscheidung als klarer Hinweis, dass die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erhebliche Risiken mit sich bringen kann, da materielle Einwendungen nur im Rahmen einer oft langwierigen Vollstreckungsabwehrklage vorgebracht werden können und sie hierfür die Beweislast tragen. Bemerkenswert ist, dass neben der Klauselerinnerung auch eine Vollstreckungsabwehrklage anhängig war, vermutlich verbunden mit einem Antrag gemäß § 769 ZPO. Warum wurde gleichwohl im Rahmen der Klauselerinnerung der Instanzenzug bis zum BGH verfolgt? Die Klauselerinnerung ist – vorliegend mit einer Gesamtverfahrensdauer von ca. 2 Jahren (einschließlich der Entscheidung des BGH) – das deutlich schnellere Verfahren. Ein Erfolg in der Klauselerinnerung hätte die Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung beendet. Dem Antrag gemäß § 769 ZPO dürfte wohl nur gegen Sicherheitsleistung stattgegeben werden. Darüber hinaus dürfte eine Vollstreckungsabwehrklage einschließlich eines etwaigen Instanzenzugs deutlich länger dauern. Für den Schuldner war die Entscheidung somit eine herbe Niederlage, zumal er vermutlich über interne Gesellschaftsvorgänge gut informiert war. Woher hätte er sonst von entsprechenden Sachverhalten, auf die er seinen Einwand stützte, Kenntnis haben können?
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Ein weiterer Aspekt der Entscheidung betrifft die Bestimmtheit des Vollstreckungstitels. Der Schuldner hatte beanstandet, dass die notarielle Urkunde sowohl von 3 Mio. Euro als auch von 3 Mio. US-Dollar spreche. Der BGH stellte klar, dass die Unterwerfungserklärung auf 3 Mio. Euro lautet und damit hinreichend bestimmt ist. Das Vollstreckungsorgan müsse sich primär an der Unterwerfungserklärung orientieren, nicht an der gesamten Urkunde, solange diese klar formuliert ist. Die begrüßenswerte Entscheidung des BGH bietet eine klare Orientierung für die Beurteilung der Parteifähigkeit im Klauselerteilungsverfahren und richtet den Blick auf die Rolle des Handelsregisters – auch für solche Eintragungen, denen rein deklaratorischer Charakter zukommt. Sie balanciert die Interessen von Gläubigern und Schuldnern aus, indem sie die formelle Prüfung vereinfacht und materielle Streitigkeiten in ein separates Verfahren verlagert. Für die Praxis – insbesondere aus Perspektive einer Bank – ist dies ein Signal, formelle Voraussetzungen insbesondere im Rahmen der Zwangsvollstreckung stets sorgfältig zu prüfen.
|