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Anmerkung zu:OLG Frankfurt 15. Zivilsenat, Urteil vom 20.06.2024 - 15 U 230/22
Autor:Nicolai Chalupsky, RA und FA für Bau- und Architektenrecht
Erscheinungsdatum:06.05.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 73 ZPO, § 130 ZPO, § 295 ZPO, § 204 BGB
Fundstelle:jurisPR-PrivBauR 5/2025 Anm. 1
Herausgeber:Dr. Bernd Siebert, RA und FA für Bau- und Architektenrecht
Zitiervorschlag:Chalupsky, jurisPR-PrivBauR 5/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Anforderungen an eine wirksame Streitverkündung



Orientierungssatz zur Anmerkung

Nur eine zulässige Streitverkündung führt zum Eintritt der Verjährungshemmung.



A.
Problemstellung
Das OLG Frankfurt führt zur Folge einer unzulässigen Streitverkündung aus und stellt heraus, welche Anforderungen an eine wirksame Streitverkündung zu stellen sind.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz wegen mangelhaft erbrachter Architektenleistungen in Anspruch. Die Klägerin hatte den Beklagten mit der Bauüberwachung u.a. für ein Wärme-Dämm-Verbundsystem (WDVS) als Subunternehmer beauftragt. Nachdem gegen die Klägerin durch deren Auftraggeberin ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet worden war, verkündete die Klägerin dem Beklagten den Streit. Die Streitverkündungsschrift enthält kein volles Rubrum, lediglich einen Hinweis auf durch die Antragstellerin behauptete diverse Mängel, ohne diese konkret zu beschreiben und keine Ausführungen zur Lage des Rechtsstreits, sondern lediglich eine Kopie der Gerichtsakte. Der Beklagte ist nach der Streitverkündung dem selbstständigen Beweisverfahren als Streithelfer der Klägerin beigetreten. Das Landgericht hat den Beklagten zunächst durch Teil-Versäumnisurteil antragsgemäß verurteilt, das Teil-Versäumnisurteil sodann jedoch aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das OLG Frankfurt hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Entscheidung des OLG Frankfurt enthält insbesondere Ausführungen dazu, welche Anforderungen an eine zulässige und damit wirksame Streitverkündung zu stellen sind und ob eine unzulässige Streitverkündung zum Eintritt der Verjährungshemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB führen kann.


C.
Kontext der Entscheidung
Das OLG Frankfurt stellt klar, dass die streitgegenständliche Streitverkündung mit Zustellung an den Beklagten die Verjährung der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB hemmen konnte, da die Streitverkündung nicht den Anforderungen genüge, die an eine wirksame Streitverkündung zu stellen seien.
Dazu führt das OLG Frankfurt unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.02.2009 - XII ZR 114/06; Urt. v. 06.12.2007 - IX ZR 143/06) aus, dass nach der ständigen Entsprechung des BGH nur eine zulässige Streitverkündung die Hemmung der Verjährung bewirken könne. Weiter weist das Oberlandesgericht auf die Vorschrift des § 73 ZPO hin und stellt heraus, dass die Streitverkündung als ein Schriftsatz einzureichen sei, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben sind. Die Vorschrift des § 73 ZPO sei eine Formvorschrift, die dem Schutz des Streitverkündungsempfängers diene und diesem die Entscheidung über den Beitritt ermöglichen solle.
Außerdem sei der gemäß § 73 ZPO einzureichende Schriftsatz nach der Rechtsprechung des BGH ein bestimmender Schriftsatz, auf den die Vorschrift des § 130 Nr. 1 ZPO anzuwenden sei, mit der Folge, dass die Streitverkündung ein Rubrum zu enthalten habe. Jedenfalls sei – nach dem BGH (BGH, Urt. v. 31.10.2002 - VII ZR 198/99) – erforderlich, dass die (den Streit verkündende) Partei identifizierbar sei.
Da die streitgegenständliche Streitverkündung den aufgeführten Voraussetzungen nicht entspreche sei diese unzulässig und damit unwirksam. Hierfür genügt dem OLG Frankfurt im konkreten Fall der Umstand, dass der Empfänger der Streitverkündung nicht ausreichend über die Parteien des Rechtsstreits und darüber, wer streitverkündende Partei ist, informiert wird. Jedenfalls diese Angaben seien für die Wirksamkeit einer Streitverkündung erforderlich.
Zwar ist im gegenständlichen Fall der Streitverkündung die Antragsschrift beigefügt, die ein volles Rubrum enthält und aus der sich die unmittelbar beteiligten Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens ergeben; hier konnte der Streitverkündungsempfänger aufgrund fehlender Informationen in der Streitverkündung aber nicht feststellen, wen die Prozessbevollmächtigte, die die streitgegenständliche Streitverkündung eingereicht hatte, vertritt. Der Beklagte konnte aus Sicht des Oberlandesgerichts im konkreten Fall somit nicht ausreichend erkennen, wer streitverkündende Partei war.
Das OLG Frankfurt führt weiter dazu aus, dass auch der erfolgte Beitritt des Streitverkündungsempfängers die Mängel der Streitverkündungsschrift nicht heilen konnte, da von einer Heilung nach § 295 ZPO nur formale Mängel erfasst seien, mit der Folge, dass in diesen Fällen die Interventionswirkung der Streitverkündungsschrift trotz ursprünglich vorhandener Fehler eintritt. Eine Heilung sei aber nicht möglich bezüglich der verjährungshemmenden Wirkung der Streitverkündung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB.
Auf die umstrittenen Fragen, ob die Streitverkündungsschrift ein volles Rubrum enthalten müsse und ob die Streitverkündungsschrift deshalb unwirksam sei, weil eine Darstellung einzelner Mängel in der Streitverkündungsschrift nicht erfolgt, käme es im entschiedenen Fall somit nicht an.
Ergänzend weist das OLG Frankfurt – ebenfalls unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.02.2009 - XII ZR 114/06) - darauf hin, dass auch eine entsprechende Anwendung der für eine Klage geltenden Regeln, nach denen auch eine unzulässige Klage die Verjährung hemmt, für eine Streitverkündung nicht in Betracht komme. Anders als bei einer unzulässigen Klage sei der Streitverkündungsempfänger nicht unmittelbar betroffen, seine Beteiligung am Prozess sei zunächst von seiner Entscheidung über den Beitritt abhängig. Dies sei bei einer unzulässigen Klage anders, was jedenfalls die Warnfunktion einer unzulässigen Klage gewährleiste und die Hemmungswirkung bezogen auf die Verjährung rechtfertige.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt einmal mehr auf, dass im Rahmen der Ausbringung von Streitverkündungen sehr sorgfältig darauf zu achten ist, die durch die Rechtsprechung ausgebildeten Wirksamkeitsvoraussetzungen genauestens einzuhalten. Praktisch wird die geschilderte Problematik dadurch verschärft, dass erst im Folgeprozess verbindlich geprüft und entschieden wird, ob die jeweilige Streitverkündung zulässig war und insbesondere die Hemmung der Verjährung zu sichernder Ansprüche bewirken konnte.



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