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Anmerkung zu:BGH 6. Zivilsenat, Urteil vom 17.10.2023 - VI ZR 27/23
Autor:Hans Christian Schwenker, RA und FA für Bau- und Architektenrecht
Erscheinungsdatum:08.12.2023
Quelle:juris Logo
Normen:§ 307 ZPO, § 298 BGB, § 756 ZPO, § 307 BGB
Fundstelle:jurisPR-BGHZivilR 25/2023 Anm. 1
Herausgeber:Dr. Herbert Geisler, RA BGH
Zitiervorschlag:Schwenker, jurisPR-BGHZivilR 25/2023 Anm. 1 Zitiervorschlag

AGB-Kontrolle einer Klausel, mit der eine Autovermietung die Abtretung der Ersatzforderung gegen den Unfallgegner vereinbart



Leitsatz

Die in einem Vertrag über die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Mieter (Zedent) dem Fahrzeugvermieter (Zessionar) in Bezug auf dessen Mietzahlungsanspruch erfüllungshalber seine auf Ersatz der Mietwagenkosten gerichtete Schadensersatzforderung gegen den Schädiger abtritt, muss im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB klar erkennen lassen, zu welchem Zeitpunkt genau der Zedent die abgetretene Schadensersatzforderung zurückerhalten soll, wenn er den Mietzahlungsanspruch des Zessionars erfüllt. Das ist bei einer Klausel, wonach der Zessionar „im Umfang geleisteter Zahlungen“ die Schadensersatzforderung „Zug um Zug“ an den Zedenten zurücküberträgt, der Fall.



A.
Problemstellung
Wie eine wirksame AGB-Klausel formuliert sein muss, mit der eine Autovermietung die Abtretung der Ersatzforderung gegen den Unfallgegner vereinbart, hatte (erneut) der VI. Zivilsenat zu entscheiden (zuletzt: BGH, Urt. v. 07.02.2023 - VI ZR 137/22).


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Bei einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte dem Grunde nach vollständig einstandspflichtig ist, wurde der im Eigentum der Zedentin stehende Pkw beschädigt. Diese mietete bei der Klägerin ein Fahrzeug an. Dabei unterschrieb sie am 25.07.2019 ein mit „Abtretung und Zahlungsanweisung“ bezeichnetes, von der Klägerin gestelltes Dokument, das folgenden Passus enthält:
„Hiermit trete ich die Schadenersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, den Halter und deren/dessen Haftpflichtversicherung aus dem oben bezeichneten Schadenereignis erfüllungshalber an die Autovermietung Fa. D[…] GmbH ab. … Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenkosten befreit, wenn die Versicherung nicht oder nicht in voller Höhe leistet. Jedoch wird die Mietzinsforderung bis zur endgültigen Klärung mit der Versicherung gestundet. Die Stundung endet durch Zahlungsaufforderung durch die Autovermietung mir gegenüber. Im Umfang durch mich geleisteter Zahlungen überträgt der Autovermieter die Schadensersatzansprüche an mich zurück.“
Unter dem 17.05.2021 unterschrieb die Zedentin ein weiteres mit „Abtretung und Zahlungsanweisung“ bezeichnetes, von der Klägerin gestelltes Dokument, dessen Wortlaut mit dem vom 25.07.2009 zunächst identisch ist, aber dem letzten Satz „Zug um Zug“ hinzufügt und darüber hinaus mit dem Satz endet:
„Er wird mir den Übergang der ursprünglich an ihn abgetretenen Forderung an mich zurück bestätigen.“
Die Klägerin berechnete der Zedentin Mietwagenkosten von 3.207,49 Euro netto und nahm die Beklagte auf Zahlung dieses Betrages in Anspruch. Die Beklagte zahlte 1.270 Euro.
Mit der Klage hat die Klägerin die erforderlichen Mietwagenkosten nun auf insgesamt 2.993,82 Euro netto beziffert und die Differenz zu dem von der Beklagten gezahlten Betrag geltend gemacht. Die Beklagte meint, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil die Abtretungserklärungen unwirksam seien.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die Berufung zurückgewiesen. Es fehle an einer wirksamen Abtretung des etwaigen Anspruchs auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten an die Klägerin. Die Klauseln in den Abtretungserklärungen stellten für die Zedentin eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 ZPO dar, da sich ihnen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen lasse, wann die Rückabtretung erfolge. In der Erklärung vom 25.07.2019 bleibe unklar, ob die Zedentin vorleistungspflichtig sein solle, ob ihr ein Zurückbehaltungsrecht zustehe oder ob sie eine Rückabtretung Zug um Zug verlangen könne. Diese Unklarheit habe die zweite Abtretungserklärung beheben sollen, doch sei auch diese nicht hinreichend bestimmt. Die Klausel statuiere einerseits eine Vorleistungspflicht, weil die Rückabtretung „im Umfang geleisteter Zahlungen“, also erst nach Zahlungseingang erfolgen solle, anderseits solle aber eine Zug-um-Zug-Abwicklung erfolgen. Das sei widersprüchlich. Zudem sei ein sachlicher Grund für die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass der durchschnittliche Kunde eines Mietwagenunternehmens mit dem Rechtsbegriff „Zug um Zug“ ohne fremde Hilfe wenig anfangen könne.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Allerdings hat die geschädigte Zedentin ihren Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Mietwagenkosten nicht bereits mit der Vereinbarung vom 25.07.2019 wirksam an die Klägerin abgetreten. Wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen, verstößt die in dieser Vereinbarung enthaltene formularmäßige Abtretungsklausel gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Transparenzgebot). Die eindeutige und durchschaubare Vermittlung der mit einem beabsichtigten Vertragsschluss verbundenen Rechte und Pflichten ist Voraussetzung für eine informierte Sachentscheidung. Der Verwender muss daher einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann und nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Dagegen ist der Verwender nicht verpflichtet, aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgende Rechte ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren; das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen. Der Vertragspartner soll aber davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Die Klausel muss deshalb nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit wie möglich verdeutlichen. Eine Intransparenz kann sich nicht nur bei einzelnen Klauseln aus ihrer inhaltlichen Unklarheit, mangelnden Verständlichkeit oder der unzureichenden Erkennbarkeit der Konsequenzen ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung. Abzustellen ist dabei auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in erster Linie ihr Wortlaut relevant.
Diesen Anforderungen entspricht die Klausel vom 25.07.2019 nicht. Zwar mag es nicht ungewöhnlich und grundsätzlich auch für beide Seiten interessengerecht sein, dass ein Geschädigter zur Sicherung des vertraglich vereinbarten Anspruchs auf Zahlung der Miete im Rahmen der unfallbedingten Anmietung eines Ersatzfahrzeugs seinen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf Erstattung der Mietwagenkosten an den Vermieter abtritt. Dies liegt zunächst im Interesse des Vermieters, der einen in der Regel zahlungsfähigen Schuldner, den Haftpflichtversicherer des Schädigers, erhält und diesem gegenüber seinen Vergütungsanspruch für seine eigene Leistung rechtfertigen kann. Die Abtretung entspricht – wenn sie erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt erfolgt – regelmäßig auch dem Interesse des durchschnittlichen geschädigten Auftraggebers, der unter Beschränkung des eigenen Aufwandes möglichst schnell einen Ausgleich vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer erhalten will. Eröffnet sich ihm die Möglichkeit einer Stundung der Zahlungsforderung des Vermieters oder deren Erfüllung ohne eigene finanzielle Vorlage und eigenes Zutun, ist er bereit, seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten an den Vermieter abzutreten, damit dieser der Sache nach seine Zahlungsforderung selbst geltend machen kann. Für den durchschnittlichen Unfallgeschädigten wird aus der Klausel vom 25.07.2019 hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen er vom Autovermieter trotz erfolgter Abtretung weiterhin wegen der Mietwagenkosten in Anspruch genommen werden kann. Denn er wird darauf hingewiesen, dass mit der Leistung erfüllungshalber eine Stundung der Mietzahlungsforderung verbunden ist, weshalb der Vermieter auf diese erst zurückgreifen darf, wenn der Versuch der anderweitigen Befriedigung aus der ihm erfüllungshalber übertragenen Forderung gegen den Haftpflichtversicherer fehlgeschlagen und damit die Stundung der Mietzahlungsforderung entfallen ist. Aus dem Kontext der Klauseln vom 25.07.2019 ergibt sich für den Durchschnittskunden zudem, was mit Abtretung „erfüllungshalber“ und mit „Stundung“ gemeint ist. Für den Durchschnittskunden ist aber nicht klar erkennbar, zu welchem Zeitpunkt genau er die Forderung zurückerhalten soll, wenn er die Miete an den Vermieter zahlt, ob gleichzeitig mit seiner Zahlung oder erst danach. Mit der Bestimmung, dass die Rückübertragung der Schadensersatzansprüche „im Umfang durch mich geleisteter Zahlungen“ erfolgt, ist eine Vorleistungspflicht des geschädigten Mieters jedenfalls nicht ausgeschlossen, mag sie auch dem Umstand Rechnung tragen, dass sich der Umfang der Rückabtretung der Schadensersatzforderung nach dem Umfang der Mietzahlungen richtet, letzterer also für die Rückübertragung bekannt sein muss. Dass der Geschädigte, auch wenn der Vermieter seiner Verwertungsobliegenheit nachgekommen ist, zur Erfüllung der Mietzahlungsforderung nur Zug um Zug gegen Rückabtretung der erfüllungshalber an den Vermieter abgetretenen Schadensersatzforderung gegen den Schädiger und den Haftpflichtversicherer verpflichtet ist, wird ihm nicht mitgeteilt. Die Kenntnis dieser sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Konsequenzen der getroffenen Abtretungsvereinbarung kann von einem durchschnittlichen Unfallgeschädigten jedoch nicht erwartet werden, weshalb er jedenfalls in der Gesamtschau durch die Klausel bei Inanspruchnahme durch den Autovermieter von der Durchsetzung seiner Gegenrechte abgehalten werden könnte.
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich jedoch aus der am 17.05.2021 unterzeichneten Abtretungserklärung. Denn dort ist – hervorgehoben durch Fettdruck – nunmehr ausdrücklich und verständlich geregelt, dass „im Umfang … geleisteter Zahlungen“ der Abtretungsempfänger (Autovermieter) die Schadensersatzansprüche „Zug um Zug“ an die Zedentin (Automieterin) zurücküberträgt. Zahlung und Rückabtretung sollen also Zug um Zug erfolgen, wobei der Umfang der Rückübertragung von dem Umfang der Zahlungen abhängt. Dieser Zug-um-Zug-Austausch wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass von „geleisteten Zahlungen“ die Rede ist. Zwar bezeichnet das Partizip Perfekt („geleistet“) ein Geschehen, das bereits beendet ist. Aufgrund der Verknüpfung mit „Zug um Zug“ ist aber für den Durchschnittskunden erkennbar, dass er mit seiner Zahlung nicht vorleistungspflichtig ist, seine Zahlung also nicht vor der Rückübertragung fällig wird, sondern dass die gegenseitigen Leistungen gleichzeitig fällig sind. Ein an die gleichzeitige Fälligkeit anknüpfender Austausch von Leistungen Zug um Zug bedeutet nicht notwendig, dass diese im selben Augenblick erbracht werden. Es kann auch der Leistung des einen Teils, die im ersten Schritt oder „Zug“ erbracht wird, unmittelbar in einem zweiten Schritt oder „Zug“ die Gegenleistung des anderen Teils folgen. Es muss nur im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Entgegennahme der Leistung das Angebot der Gegenleistung erfolgen (vgl. § 298 BGB, § 756 ZPO), so dass der im ersten Zug Leistende seine Leistung mit der Gewissheit erbringen kann, sogleich (im zweiten Zug) die Gegenleistung zu erhalten. Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass der Umfang der Rückübertragung der Schadensersatzforderungen seitens der Zessionarin von dem Umfang der Mietzahlungen seitens der Zedentin abhängt. Damit ist als Reihenfolge vorgegeben, dass der erste Schritt oder Zug (Zahlung) durch die Zedentin erfolgt, dem unmittelbar der zweite Schritt oder Zug (Rückübertragung) durch die Zessionarin folgt. Dies ergibt sich auch aus dem Erfordernis, dass die (rück)abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar sein muss. Die Bestimmbarkeit, in welchem Umfang welche Schadensersatzansprüche rückübertragen werden, setzt die Kenntnis des Umfangs der Mietzahlungen durch die Zedentin voraus. Diese Abhängigkeit wird durch die Wendung „im Umfang … geleisteter Zahlungen“ zum Ausdruck gebracht. Die Verknüpfung mit dem Begriff „Zug um Zug“ bedeutet sodann, dass die Zessionarin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Entgegennahme der Zahlung der Zedentin die Rückübertragung der Schadensersatzforderung anzubieten hat (wörtliches Angebot genügt), so dass die Zedentin in der Gewissheit zahlen kann, sogleich (durch Annahme des Angebots) wieder Inhaber dieser Forderung zu werden. Dass die Bedeutung des Begriffs „Zug um Zug“ in der Klausel nicht erläutert wird, steht deren Wirksamkeit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Der Durchschnittskunde entnimmt schon dem Wortlaut, dass es um einen zeitlich eng zusammenhängenden Austausch wechselseitiger Leistungen geht, hier also die Zahlung gegen Rückübertragung der Forderung erfolgen soll. Dies genügt.


C.
Kontext der Entscheidung
Der Senat hat bereits entschieden, dass die in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, wenn die Klausel zugleich die Regelung enthält „Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich [geschädigter Auftraggeber] geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“ Aus der Klausel wird für den durchschnittlichen Auftraggeber (Unfallgeschädigten) nicht hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat. Der vorletzte Satz der Klausel sieht vor, dass das Sachverständigenbüro die Ansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen kann, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. Im letzten Satz der Klausel heißt es, dass der Auftraggeber in diesem Fall die Forderung zurückerhält, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner geltend zu machen. Insoweit bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt genau der Auftraggeber die Forderung zurückerhalten soll. In Betracht kommen drei Möglichkeiten (und ggf. eine entsprechende Vorleistungspflicht): erstens bereits bei Zahlungsanforderung durch das Sachverständigenbüro, zweitens gleichzeitig mit der Zahlung des Auftraggebers oder drittens erst danach. Die danach in der Klausel intransparent geregelte Frage, unter welchen Voraussetzungen der Auftraggeber den erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzanspruch (teilweise) zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat, steht in unmittelbarem inhaltlichen Zusammenhang mit der Regelung der erfüllungshalber erfolgenden Anspruchsabtretung selbst und führt deshalb nach § 307 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB zu deren Unwirksamkeit (BGH, Urt. v. 18.02.2020 - VI ZR 135/19).
Zuvor hatte der Senat bereits entschieden, dass eine in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „zur Sicherung“ und „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt, (jedenfalls dann) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, wenn die Klausel zugleich die Regelung vorsieht: „Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des Sachverständigen aus diesem Vertrag gegen mich [geschädigter Auftraggeber] nicht berührt. Diese können nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen mich geltend gemacht werden. Im Gegenzug verzichtet der Sachverständige dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern.“ und auf demselben Formular eine Weiterabtretung des Schadensersatzanspruchs vom Sachverständigen an einen Dritten (hier: zu Inkassodienstleistungen berechtigte Verrechnungsstelle) vorgesehen ist (BGH, Urt. v. 17.07.2018 - VI ZR 274/17). Die in der Klausel intransparent geregelte Frage, was mit der vom Geschädigten an den Sachverständigen abgetretenen Schadensersatzforderung geschehen soll, wenn der Sachverständige nach der Abtretung seinen vertraglichen Honoraranspruch gegen den Geschädigten geltend macht, steht in unmittelbarem inhaltlichen Zusammenhang mit der „zur Sicherung“ und „erfüllungshalber“ erfolgten Forderungsabtretung selbst. Die Intransparenz führt deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel über die „Abtretung und Zahlungsanweisung“ (BGH, Urt. v. 17.07.2018 - VI ZR 274/17 Rn. 11).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Das Transparenzgebot, das gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch für das Hauptleistungsversprechen und das Preis-/Leistungsverhältnis gilt, verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist; sie muss auch im Kontext mit dem übrigen Klauselwerk verständlich sein. Erforderlich ist ferner, dass zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang aufgeführt werden oder dieser in anderer Weise, zum Beispiel durch Bezugnahme auf konkrete Klauseln, deutlich gemacht wird. Die Klausel muss die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach den Umständen gefordert werden kann. Der Vertragspartner des Verwenders muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“. Eine Vertragsgestaltung, die objektiv dazu geeignet ist, den Vertragspartner bezüglich seiner Rechtsstellung in die Irre zu führen, verstößt gegen das Transparenzgebot. Die Transparenzanforderungen dürfen aber nicht überspannt werden. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen. Weder bedarf es eines solchen Grades an Konkretisierung, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können, noch ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot schon dann zu bejahen, wenn Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können. Sogar eine unnötige Wirrnis im Klauseltext ist unschädlich, wenn sich der Klauseltext mit der gebotenen Aufmerksamkeit erschließen lässt. Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen, sondern den aufmerksamen und sorgfältigen Betrachter abzustellen. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten ist. Diese sind so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Klauselwerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Kunden erkennbar sind (BGH, Urt. v. 05.10.2023 - III ZR 216/22 Rn. 22-23 m.w.N.).



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